Renate Böschenstein-Schäfers Band „Idylle“ (mir vorliegend in 2. Auflage von 1977 mit wunderschön altmodischem Cover mit hellbraunem Rand, der das Bändchen als zur Abt. E: Poetik gehörend ausweist) liefert einen grundlegenden Abriss der deutschen Gattungsgeschichte ausgehend vom historischen Ursprung der Gattung, den Idyllen Theokrits und Vergils, über Gessner, Voss und Hebel, Klassik und Romantik bis ins 20. Jahrhundert. Besonders spannend sind dabei die Kapitel über die „relativierte Idylle“, wie Böschenstein ihre Ausführungen zu Hölderlin, Kleist und Jean Paul überschreibt und überhaupt die Hinweise zur idyllischen Erbschaft in der Erzählpraxis des 19. Jahrhunderts. Selbstverständlich wird der Leser über den aktuellen Forschungsstand und Desiderate der Forschung informiert.

Böschenstein-Schäfer lädt dazu ein, die Grenzen der Gattung möglichst weit zu fassen. Sehr anregend fand ich in dem Zusammenhang die Bezugnahme auf W. Empsons „Some Versions of Pastoral“ von 1935, der das Idyllische eher als Ausdruck einer bestimmten seelischen Haltung definiert, dem Vermögen „of putting the complex into the simple“. Wenn das gelingt, ist die Idylle mehr als eine kleine Schilderung des Schäferlebens. Sie ist eine Reinszenierung der Hirtenunschuld im Sinne Schillers, die “den Menschen, der nun einmal nicht nach Arkadien zurückkann, bis nach Elysium führt.“

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